Ein Text von Francesca Romana Cordella
Menschen, die aus persönlichen oder beruflichen Gründen ins Ausland ziehen, sind täglich mit dieser Herausforderung konfrontiert. Sie sollen zeigen, was sie können. Die Sprache kann jedoch ein Hindernis sein.
„Ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten“, „rhetorisches Geschick“, „verhandlungssichere Sprachkenntnisse“ und „Schreibsicherheit“ werden im Berufsleben oftmals verlangt.
Bis man sich in einer Fremdsprache korrekt ausdrücken kann, kann es lange dauern. Vor allem wenn man erst als Erwachsene(r) die Sprache lernt.
Ich hatte Glück.
Mit dreizehn eben habe ich im Gymnasium drei Fremdsprachen gelernt. Deutsch war (neben Chemie) nicht unbedingt mein Lieblingsfach. Trotzdem habe ich Deutsch weiter studiert, weil ich eine Sprache lernen wollte, die ItalienerInnen normalerweise einschüchtert, ja fast terrorisiert.
Im Ausland angekommen, hatte ich das Gefühl wieder von Null anzufangen. In Deutschland habe ich als Austauschstudentin brav mit den ausländischen StudentInnen immer nur auf Deutsch gesprochen. Doch erst nach dem Studium habe ich in Österreich die Sprache im Alltag erlebt und gespürt. Sie ist mir unter die Haut gegangen, ich habe angefangen etwas in der Sprache zu fühlen, Emotionen damit zu verbinden. In Wien bin ich mit und in meiner deutschen Sprache gewachsen. Insgesamt hat es zirka zehn Jahre gedauert, bis ich Nuancen verstehen und Gefühle auch ausdrücken konnte. Bis ich begonnen habe, mich in der Schwerstersprache - wie ich sie oft nenne - wohlzufühlen.
Derzeit bin ich mit meiner Sprachkompetenz im Alter von 27 Jahren.
Denn Sprachen kontinuierlich zu lernen, hält auf jeden Fall jung.
HOLE DIR MOTIVIERENDE MENSCHEN
Eine Situation, die ich häufig beobachtet habe:
Jemand spricht und du erkennst, dass die Muttersprache nicht Deutsch ist. Du merkst es an einem Akzent, einigen mehr oder weniger groben Fehlern oder vielleicht im Satzbau.
Nicht jeder kann geduldig sein, wie es SprachlehrerInnen können. Manche ZuhörerInnen werden ungeduldig. Sie steigen aus, hören auf der Person zuzuhören. Beide Seiten wirken angestrengt. Das habe ich selbst erlebt.
Auch wenn es ums Texte schreiben ging, habe ich es oft gehört: „Es geht nicht nur um die Grammatik. Die Sätze sind schon richtig, keine Fehler, aber die Formulierungen sind unrund …, so sagt man nicht auf Deutsch.“
Suche Leute, die deine Liebe zur Sprache fördern, dich gerne korrigieren und dich deine Persönlichkeit in deiner Fremdsprache entfalten lassen.
HOLE DIR DEINE BERECHTIGUNG IN EINER FREMDSPRACHE ZU SCHREIBEN
Schreiben ist ein Prozess für jeden, der denken kann. Wer etwas zu sagen hat, Bilder im Kopf hat, Geschichten erzählen will, erfüllt schon die erste Voraussetzung.
Beim Schreiben geht es um Vieles mehr. Es geht um Ideen, Struktur und um die Kunst mit den Worten Emotionen zu wecken, zu begeistern, Botschaften zu vermitteln. Den Prozess kann man sogar lernen, so wie man es gelernt hat, Buchstaben zu schreiben, wie man sich Begriffe und Wortschatz in der eigenen Sprache gemerkt hat. Eins nach dem anderen.
Schreiben hat sehr viel mit Technik zu tun. Schreiben ist wie ein Muskel, den man trainieren muss. Denn es besteht genauso aus Kreativität wie aus Planung.
Die Sprache an sich ist kein Standard, weil Menschen selbst nicht standardisiert sind.
Der Begriff Sprache wird oft misshandelt. Sprache kann Macht sein, doch darf sie genau deswegen keine Barriere werden.
Selbst wenn du einen Text in deiner Muttersprache geschrieben hast, hast du vielleicht deinen Kollegen, deine Chefin oder im Freundeskreis gefragt, was sie davon halten. Wahrscheinlich hast du einige Vorschläge zur Verbesserung bekommen, bei den unklaren Sätzen haben sie dir Alternativen angeboten.
Sich Feedback zu holen ist sehr wichtig. Darauf hat jede/r ein Recht. Genauso wie Texte Überarbeitung brauchen, brauchen auch Muttersprachler (Korrektur-)Leser.
Suche dir Leute, die deine Texte lesen, dir ein aktives Feedback geben und die in der Lage sind, deine „Stimme” zu bewahren, wenn sie deine Texte „polieren”.
EIN BUCH, DAS JEDE/R SPRACHLERNENDE LESEN SOLLTE
Jhumpa Lahiri ist eine amerikanische Schriftstellerin. Sie hat sich getraut ein Buch auf Italienisch zu verfassen. Ihre Muttersprache ist Bengal, nur ist ihre Familie in die USA ausgewandert, wo sie Englisch studiert hat und Schriftstellerin geworden ist.
In keiner Sprache hat sie sich je beheimatet gefühlt. Nach einer Reise in Italien wird Italienisch die Sprache ihrer Unabhängigkeit. Im Buch "Mit anderen Worten. Wie ich mich ins Italienische verliebte.” erzählt sie von ihrer Beziehung zur Heimat, Muttersprache und Wahlheimat.
Und vor allem über die Freiheit sich zu wagen, in einer Fremdsprache zu schreiben.
Francesca Romana Cordella, Italienische Bloggerin in Wien
Ich über mich: Wie ein Lachs gegen den Strom bin ich vom adriatischen Meer die Donau hinauf geschwommen und habe Wien zu meiner Wahlheimat gemacht.
Mein Motto: Ich schreibe, verkoste und reise, also ich bin!
Meine Webseite: https://vinoservus.com/it/
© Foto: Taha Alshemaree TJ
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Kontakt: sprachenzentrumsymbolunivie.acpunktat