1. Welche Sprache hast du zuletzt neu gelernt?
Karolina: Im Oktober 2022 habe ich angefangen, Italienisch zu lernen. Diese Sprache ist ein Teil meines Studiums: Helvetologie – die schweizerischen Studien an der Universität Warschau. Ich habe früher noch nie eine Sprache aus der Gruppe der romanischen Sprachen gelernt; deswegen habe ich mich darauf gefreut. Italienisch ist schön und ich kann es nicht erwarten, nach Italien zu fahren und Kaffee auf Italienisch zu bestellen!
Eva: Das kann ich gut nachvollziehen. Ich habe erst nach der Schule begonnen, Italienisch zu lernen und mich sofort in diese Sprache verliebt! Das erste Mal habe ich in Rom Kaffee bestellt, in einer kleinen Bar. Es war am Morgen und um mich herum waren lauter Anzugträger, die schnell weiter zur Arbeit mussten. Und unter ihnen allen: ich. Das war meine Feuerprobe. Aber ich habe meinen Espresso bekommen! Und zu deiner Frage zurück: Zuletzt habe ich Kroatisch neu gelernt.
2. Warum lernen wir deiner Meinung nach in Zeiten von Übersetzungs-Apps überhaupt noch eine neue Sprache?
Karolina: Die Übersetzungs-Apps können hilfreich sein, wenn wir etwas schnell erledigen wollen. Die Qualität dieser Apps ist nicht so schlecht für einzelne Wörter, aber wenn wir einen längeren Text z.B. mit Idiomen oder Redewendungen übersetzen, kommt es zu Fehlern. Außerdem ist es wichtig zu erwähnen, dass ein Gespräch mit jemandem nur mithilfe der App ermüdend sein kann.
Eva: Ich glaube, diese Frage betrifft die Wissensaneignung im Allgemeinen. Wir denken, dass das Wissen jederzeit verfügbar ist. Natürlich kann ich schnell in die App eingeben, welchen Satz ich übersetzen möchte, aber es ist etwas ganz anderes, diesen Satz aktiv in einer Diskussion zu gebrauchen, weil ich mein Wissen sofort abrufen kann. Wichtig an diesem Punkt ist aber auch noch etwas anderes: Sprachen zu lernen bedeutet auch, neue Länder, Kulturen und vor allem Menschen kennenzulernen. Wenn man sich in einem anderen Umfeld bewegt, bedeutet das manchmal auch, beispielsweise alten Menschen zu begegnen, die kein Englisch sprechen. Sie sind geduldige Zuhörer*innen, die sich in der Regel auch freuen, in ihrer Muttersprache mit Lernenden in Kontakt zu treten. Und nicht zuletzt: es macht Spaß, Neues auszuprobieren. Und wenn man etwas falsch sagt – was soll Schlimmes passieren? Mir persönlich hat das Sprachenlernen auch eine gewisse lockere Einstellung zum Lernen und zur Fehlerkultur ganz allgemein gebracht.
3. Was findest du am Sprachenlernen besonders schön?
Karolina: Dank dem Sprachenlernen fühle ich mich im Ausland, als ob ich in meinem Heimatland wäre. Es ist einfacher, Bekanntschaften zu schließen. Dadurch, dass ich Deutsch sprechen kann, fühle ich mich in Wien sicher. Immer habe ich das Gefühl, dass ich alles erledigen kann und in jeder Situation zurechtkommen werde. Außerdem gefallen mir die Varietäten jeder Sprache und Dialekte. Ich finde es faszinierend, wie unterschiedlich eine Sprache sein kann, je nachdem, wo sie gesprochen wird.
Eva: Freut mich zu hören, dass du dich in Wien so wohlfühlst! Ich glaube auch, dass man sich insgesamt sicherer und handlungskompetenter fühlt, wenn man die Landessprache spricht. Ich finde es besonders schön, mich mit Metaphern in anderen Sprachen zu beschäftigen. Sprachliche Bilder sind immer sehr ergiebig und interessant, um die Mentalität der Sprechenden besser verstehen zu können.
4. Welchen Unterschied gibt es für dich zwischen dem Lernen einer Sprache in der Schule und später im Leben?
Karolina: Als Kinder sind wir uns nicht bewusst, wozu wir eigentlich Fremdsprachen brauchen. Wir lernen neue Wörter auswendig, um gute Noten zu bekommen. Aber als Erwachsene ist uns klar, welches Ziel wir haben. Erwachsene haben andere Bedürfnisse, wenn es um das Sprachenlernen geht. Manchmal brauchen sie die Sprache für die Arbeit, oder sie haben sich in jemanden verliebt und wollen die Muttersprache dieser Person und ihrer Familie besser kennenlernen. Natürlich gibt es auch Erwachsene, die Fremdsprachenlernen als Hobby betrachten.
Eva: In der Schule ist Sprachenlernen meist mit Leistungsdruck verbunden, genau die guten Noten, von denen du gesprochen hast. Das ist nicht immer schlecht. Wenn ich etwa die Personalendungen lernen muss, muss ich nun einmal eine ganze Weile strikt Tabellen auswendig lernen. Dafür nimmt man diese meist ein Leben lang mit. Das ist positiv. Umgekehrt bleibt für einen spielerischen Zugang meist wenig bis gar keine Zeit. Das ist später im Leben ganz anders, denn da kann ich entscheiden, mir Filme oder Serien anzusehen oder Musik und Podcasts zu hören und mich einer Sprache dadurch ganz anders nähern.
5. Welche sind deine drei „Geheimtipps“ fürs Sprachenlernen?
Karolina : Meiner Meinung nach sollte man jeden Tag etwas für die Sprache machen. Persönlich widme ich jeder Fremdsprache, die ich lerne, 20 Minuten pro Tag. Es ist wichtig, auch Wiederholungen zu machen. Es reicht nicht, etwas einmal zu lernen und dann zu vergessen. Die Wiederholung ist wichtig, besonders wenn wir manche Wörter oder grammatische Strukturen selten benutzen. Zum Schluss empfehle ich jeder Person, die eine Fremdsprache lernt, im Ausland Sprachkurse zu machen und an den Austauschprogrammen teilzunehmen. Dank derer können wir die Sprache in alltäglichen Situationen z.B. in der Apotheke oder auf der Post benutzen. Das können wir in unserem Heimatland leider nicht machen.
Eva: Meine Top 3 sind definitiv:
1) Erstelle Wortfelder, dann merkst du dir die Wörter viel besser.
2) Reise ins Land und bestelle in der Landessprache. Da bin ich ganz bei dir, Karolina. Austauschprogramme sind eine optimale Möglichkeit, um die Sprache im Land selbst auszuprobieren.
3) Lache laut und oft mit Freunden darüber, wenn du Fehler machst, die zu komischen oder lustigen Situationen führen.
Danke euch beiden für das Interview!