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Unterrichtsplakat – ein Fall fürs Altpapier?

In unseren Kursen entstehen immer wieder liebevoll gestaltete Plakate. Nach einer kurzen Präsentation sind sie dann wieder vergessen, oder nicht?

Unsere Dozentinnen Anna Pawluk und Barbara Bekesi leiteten im Sommersemester einen Deutschkurs für StudentInnen der University of Chicago. Die Plakate, die ihre KursteilnehmerInnen am letzten Tag gestalteten, wollten sie nicht einfach so im Altpapier versenken und so widmeten wir ihnen am Tag der Sprachen eine Ausstellung. Im folgenden Blogbeitrag erfahren wir mehr über ihre Entstehungsgeschichte.

Im Rahmen ihres Austauschprogrammes besuchten neunzehn Studentinnen und Studenten der University of Chicago einen Menschenrechte-Kurs an der Universität Wien. Am Sprachenzentrum nahmen sie zweimal wöchentlich an unserem Deutschkurs teil. Außer Englisch sprachen unsere Studentinnen und Studenten Spanisch, Französisch, Portugiesisch, Chinesisch, Japanisch und Koreanisch. Bis dahin hatte niemand die Gelegenheit gehabt, Deutsch zu lernen. An ihren ersten Kurstag konnten sie sich auf Deutsch weder vorstellen noch jemanden begrüßen.

Zwei Monate lang setzten sie sich fleißig mit den Tücken der deutschen Sprache auseinander, was aber nicht nur im Kurs stattfand. Für Barbara und mich war es wichtig, dass sie das erlernte Wissen auch praktisch umsetzen können, denn das Lernen findet nicht nur in der Klasse statt. Die Studentinnen und Studenten kauften u.a. am Naschmarkt und am Ostermarkt auf Deutsch ein und bestellten im Kaffeehaus und bei McDonald's auf Deutsch. Am Wochenende reisten sie nicht nur durch Österreich und Deutschland, sondern in ganz Europa herum. Während ihres Ausflugs nach Tschechien drehten sie sogar einen Film, in dem sie auch ein wenig Deutsch gesprochen haben.

Die Plakate repräsentieren unseren letzten Kurstag. Wir hatten für unsere Gruppen zwei Aktivitäten vorbereitet. Zuerst gestalteten sie in Kleingruppen Plakate zum Thema "Mein Wien". Barbara und ich wollten unseren Lernenden keine bestimmten Vorgaben geben, denn für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer bedeutete Wien etwas anderes. Chloé konzentrierte sich aufs Essen, weil ihr Sachertorte und Palatschinken so gut schmeckten. Für Roman war sein Weg zum Menschenrechte-Kurs besonders wichtig, weil er von den Wiener Öffis begeistert war. Izzy skizzierte die Landkarte von Europa, weil Wien für sie Herz Europas ist. Von hier aus reiste sie in verschiedene Länder. Anschließend wurden die Plakate aufgehängt und die Autoren präsentierten sie. Sie hatten unheimlich viel Spaß dabei, was für uns leider nicht immer nachvollziehbar war, weil wir diese Momente mit ihnen nicht miterlebt hatten.

In meinem Kurs erwies sich das Wort "sprichst" als das schwierigste, weil es scheinbar nicht aussprechbar war. Das hatte mich inspiriert und als zweite Aktivität hatte ich mir "Mein Lieblingswort" ausgedacht. Jede Kursteilnehmerin und jeder Kursteilnehmer erhielt  ein Zettelchen, auf das sie ihr Lieblingswort auf Deutsch schreiben sollten,. Hier gab es Überraschungen, denn es kamen verschiedenste Wörter vor, wie z.B.: ausgezeichnet, Geschwister, Entschuldigung oder so lala. Unsere Studentinnen und Studenten beherrschten sogar österreichisches Deutsch ein wenig! Jetzt wissen sie, was Schlagobers, Grüß Gott, Paradeiser oder Erdäpfel bedeuten.

 

Mag.a Anna Pawluk, Deutschlehrerin am Sprachenzentrum


Die allermeisten Plakate bleiben übrigens nach ihrer Präsentation im Kursraum hängen und werden so zur Inspiration für weitere Unterrichtsprojekte.
Habt auch ihr im Unterricht ein spannendes Projekt gemacht, das ihr gerne vorstellen wollt?
Wir freuen uns über eure Beiträge! Kontaktier(t) uns einfach unter sprachenzentrum@univie.ac.at