Als Deutschlehrerin die Perspektive zu wechseln und endlich selbst mal wieder eine neue Sprache zu lernen, in einem Sprachkurs, an einer universitären Institution, mit allen Hilfsmitteln, die es mittlerweile am Sprachlernmarkt gibt: Das wünschte ich mir schon lange! Also nahm ich mir Zeit, wählte zwei Sprachen - eine romanische, eine slawische - und machte 4 Sprachkurse inklusive Sprachencafés und Tandemprogramm. Für mich war es auch wichtig, die kyrillische Schrift zu lernen, denn ich wollte unbedingt die Situation meiner Studierenden kennenlernen, von denen viele ebenfalls ein neues Alphabet lernen mussten.
Zeitmanagement: Der Schlüssel zum Erfolg
Die wichtigste Zutat zu meinem Erfolg steht bereits ein paar Zeilen weiter oben: Zeit. Es ist ein ziemlicher Aufwand, sich mit allen Materialien zu versorgen, die Hörtexte vom Lehrwerk zu finden, Passwörter zu speichern, sich auf den Lernplattformen zurechtzufinden - und da ist man noch gar nicht quer durch die Stadt zum Kursort gefahren! Dazu dann natürlich zusätzlich zum Kurs noch Hausübung, Wiederholung, Vokabel lernen, und die extra Vorbereitung für die Tests. Vielleicht noch eine Exkursion, und einmal Essen im Restaurant mit der Gruppe? Auch das sollte sich ausgehen.
Erste Schritte mit digitalen und analogen Tools
Zusätzlich zum Kursgeschehen wollte ich natürlich alles Mögliche ausprobieren, was es für meine gewählten Sprachen als Zusatzangebote gab, und fing noch vor Kursbeginn an, selbst zu lernen, mit Websites und Erklärvideos in meiner Muttersprache. Das funktionierte sehr gut als Einstieg, doch ich war froh, als mit dem Kurs dann ein Profi das Kommando übernahm, und auf den Lernfortschritt und die richtige Dosierung achtete. Natürlich machte mir das Lernen in der Gruppe Riesenspaß, wir haben gemeinsam gelacht, gemeinsam Fehler gemacht und uns korrigiert, und vieles konnte ich mir erst deshalb gut merken, weil ich es unweigerlich in Verbindung mit meinen KommilitonInnen abgespeichert hatte.
Lernhilfen und Apps: Was funktioniert, was nicht?
Mein meistgebrauchtes Werkzeug war gerade beim kyrillischen Alphabet der Stift, ich habe sehr, sehr viel geschrieben. Dazu habe ich aber jede Menge lustiger Apps ausprobiert, die den Spaßfaktor beim Lernen erhöht haben und somit auch recht hilfreich waren. Mit einer Ausnahme: Als ich einmal länger nichts in der App gemacht hatte, schickte sie mir doch tatsächlich ein Totenkopf-Emoji! Ich war schockiert. Die Nachrichtenwelt ist ohnehin schon voll mit negativen Neuigkeiten, da möchte ich nicht auch noch von der Sprachlernapp so etwas bekommen. Ich habe sie gelöscht.
Den diversen Internetseiten und Erklärvideos bin ich während der ganzen Kurszeit treu geblieben, die Zahlen zum Beispiel habe ich wieder und wieder nachgesprochen, und viele andere Wörter und Intonationsbeispiele tausendmal wiederholt, alleine. ChatGPT war mein Helfer beim Schreiben: Für meine romanische Sprache musste ich dringend zusätzlich Schreiben üben, und war dankbar für die Unterstützung. Mit der Anweisung "korrigiere meinen Text" (ich glaube, ich habe auch "bitte" hinzugefügt) bekam ich rasch meine Korrektur und die Erklärung meiner Fehler (es waren viele).
Tandemlernen: Eine Bereicherung für beide Seiten
Für meine slawische Sprache nahm ich an einem Tandemprogramm teil, bei dem wir uns gegenseitig beim Lernen der jeweils anderen Sprache unterstützen sollten. Jede Woche habe ich mit meiner Tandempartnerin gemeinsam geübt, wiederholt, gelernt, präsentiert. Umgekehrt konnte sie mit mir Deutsch lernen, Landeskunde, Dialekt; im Prinzip hatte alles, was in ihrem Deutschkurs so anfiel, bei uns Platz. Ich liebte diese Art des Lernens, diese gegenseitige Betreuung und das gemeinsame Weiterkommen. Ein klassischer Sprachkurs mit Buch folgt heutzutage immer einer bestimmten Niveaustufe, man muss bestimmte Vokabel lernen, die zum Curriculum gehören, aber nicht immer zu einem selbst passen; hier konnten wir zusätzlich die eigene Lebenswelt in den Spracherwerb einbauen, eigene Erfahrungen, Wünsche, den Alltag,… Wir waren bei jedem Treffen gefordert, selbst zu denken, und selbst zu handeln, und konnten unser Lernen selbst steuern - das habe ich als sehr positiv erlebt!
Ähnlich positiv erlebte ich auch die Sprachencafés, bei denen wir alle in allen möglichen Sprachen auf unterschiedlichsten Sprachniveaus in Ruhe miteinander plaudern und uns unterhalten konnten - etwas wirklich Seltenes in der heutigen Zeit, wo wir in unseren "Blasen" gefangen sind und wenige reale Begegnungen und Gespräche mit fremden Menschen erleben.
Altbewährte Methoden neu entdeckt
Natürlich habe ich auch alles andere integriert, was schon bisher gut funktioniert hatte beim Sprachenlernen: beginnend bei Eselsbrücken aller Art und Beispielsätzen zum Auswendiglernen, über Post-its in der Wohnung, und bunten Kärtchen für Vokabel, bis hin zu fremdsprachigen Einkaufszetteln oder Süßigkeiten und Delikatessen aus den Zielsprachenländern. Meine Familie zeigte viel Verständnis und hat alles geduldig mitertragen – sogar das Christkind brachte mir heuer wunderschöne Übungsbücher! Leider war ich für diese zu Weihnachten schon zu fortgeschritten, und sie gingen zurück. Aber trotzdem: danke Christkind! Ich weiß, du liest das auch.
Fazit: Ein gelungener Perspektivenwechsel
Nun fehlt noch die Info, dass meine Leistungen natürlich auch fleißig evaluiert wurden: In dieser Zeit seit Oktober habe ich 10 schriftliche Tests, 2 mündliche Prüfungen und einen Review Talk absolviert sowie einen Essay geschrieben. Auch das war ein Teil meines „Perspektivenwechsels“.
Abschließend betrachtet war die Möglichkeit, für das Lernen meiner Sprachen analoge und digitale Kanäle parallel nutzen zu können, einfach großartig. Ein guter Kurs mit einer tollen Lehrperson und einer netten Gruppe, das Tandemprogramm mit den realen Begegnungen unter Gleichgesinnten und dazu die muttersprachlichen Internetseiten zum Üben, Videos und Apps für den Spaßfaktor: Die ganze Kombination war super erfolgreich, zumindest für das A1-Niveau! Ob das auch für die nächsten Stufen gilt, muss ich erst herausfinden.
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Maria Moser arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Lehrende für DaF/DaZ und unterrichtet am Sprachenzentrum in VWU-Kursen und Sommerintensivkursen. Sie findet es als Lehrende wichtig, regelmäßig selbst Sprachen zu lernen.
Profilbild: privat, Titelbild: Canva