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Vom Wasser und seinen Launen

Lust auf Abkühlung an einem heißen Sommertag? Mit dem Blogbeitrag und Podcast von und mit Eva Mühlbacher holst du dir das kühle Nass dahin, wo du gerade bist.

 

Im 3. Teil der Blogserie "Von Pferden, die auf Zehenspitzen zu Apfelbäumen tänzeln" geht es daher um das Element Wasser und dessen Nuancen in der deutschen Sprache.

Wasserfall

Podcast

verfasst und vorgelesen von:

Eva Mühlbacher


Wasser ist ein Element, das in verschiedenen Zuständen existiert. Das bedeutet, dass wir im Alltag darüber sprechen können, wenn es regnet oder schneit. Darüber hinaus aber kann Wasser auch für Emotionen stehen. In seiner berühmten Ballade „Der Zauberlehrling“ schreibt der deutsche Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe dem Wasser eine Hauptrolle zu. Mit diesem Element starte ich diese Blogserie.

Zunächst kann das Wasser schlicht in der alltäglichen Unterhaltung vorkommen. Möchte ich also mit einem Arbeitskollegen oder einer Kollegin am Kaffeeautomaten in Kontakt treten, um etwas Nettes zu sagen, bietet sich das Wetter an. Ich kann beginnen mit „Heute schneit es stark“ oder „Es regnet schon den ganzen Tag“. Möchte ich besonders genau sein (oder die Kaffeemaschine braucht sehr lange), kann ich die Art des Niederschlags noch ausdifferenzieren: Nieselregen (leichter Regen), Schneeregen (Schnee und Regen zusammen) oder auch mit dem umgangssprachlich-saloppen „Es schüttet wie aus Kübeln“, was der deutsche Ausdruck für „It’s raining cats and dogs“ ist. Vom Himmel kann Wasser also als Regen oder Schnee kommen, aber auch als Hagel (kleine Eiskörner). Und natürlich kann Wasser die Form von Eis haben.

Wenn es nicht vom Himmel kommt, kann Wasser unterschiedliche Dinge tun und wird dabei im Deutschen durch viele verschiedene Verben ergänzt.

Ist das Wasser ruhig, bewegt sich aber einen Fluss oder Bach hinunter, dann fließt es. Im Deutschen sagt die Redewendung „Da muss noch viel Wasser die Donau/den Rhein (oder welchen Fluss man sonst gerade nahe hat) hinunterfließen“ aus, dass noch viel Zeit vergehen wird, bis etwas passiert oder beginnt. Ist man in den Alpen unterwegs und befindet sich neben einem Bach, der schneller fließt, so trägt das Wasser das Verb „strömen“. Wasser strömt zum Beispiel einen Wasserfall hinunter. Das Verb „strömen“ kann aber auch mit dem Regen kombiniert werden: „Der Regen strömt aus den Wolken“. Das bedeutet, dass es stark regnet. Wenn es ganz wild zugeht, kann ich auch von „fluten“ sprechen, was auf das Nomen „Flut“ für den höchsten Wasserstand des Meeres zurückgeht. Es ist möglich, dass Wasser flutet, aber auch, dass im passiven Gebrauch des Wortes „das Tal geflutet wird“.

Wasser hat seinen Ursprung in einer Quelle. Dementsprechend kann auch „quellen“ als Verb verwendet werden. „Wasser quillt aus den Steinen“ gebrauchen wir nicht so häufig, aber der Ausdruck „Das Blut quillt hervor“ zeigt, dass es sich um das stoßweise Austreten einer Flüssigkeit (in diesem Fall zum Beispiel aus einer Wunde) handelt. Wenn die Quelle trocken ist, also kein Wasser mehr enthält, spricht man von „versiegen“, also aufhören. Dieser Ausdruck kann auch metaphorisch gebraucht werden. „Die Quelle ist versiegt“ kann in einem Krimi zum Beispiel angeben, dass eine Person, die Auskunft gegeben hat, zum Schweigen gebracht wurde und daher keine neue Information mehr liefern kann.

Steht man am Strand und das Wasser erreicht das Ufer, so sagt man dazu „schwappen“ oder „branden“ wobei der Unterschied darin liegt, ob das Wasser an der Grenze Halt macht. Wasser schwappt an den Strand. Es gibt keine klare Linie an einem Strand. Das Wasser kann bei Ebbe weiter draußen im Sand verlaufen oder bei Flut näher bei mir. Anders verhält es sich mit dem Wort „branden“, denn da trifft das Wasser auf eine Grenze. Wasser brandet an ein Ufer oder eine Klippe. Dort brechen die Wellen (ein Wort für eine gleichmäßige Bewegung des Wassers) an den Steinen. Das Wasser wird plötzlich durch die Steine aufgehalten und zurück ins Meer geschleudert. Ich kann Wasser aber auch ausschwappen (oder jede andere Flüssigkeit), wenn ich ein Glas ungeschickt bewege und Wasser über den Rand tritt.

Dabei sind wir schon bei allem, was ich mit Wasser tun kann. Ich kann Wasser zum Kochen bringen. Wenn Wasser kocht, hat es 90 Grad und es zeigen sich Bläschen an der Oberfläche (jeder, der regelmäßig Pasta kocht, kennt diesen Anblick). Möchte ich jemandem Wasser (oder auch Wein) in ein Glas geben, so spricht man von „einfüllen“ oder „eingießen“ oder „einschenken“. Das Präfix „ein-“ zeigt schon, dass etwas in ein Gefäß, zum Beispiel ein Glas, hineingegeben wird. Beispiele dafür sind: „Ich fülle das Wasser in den Topf ein.“, „Darf ich dir Wasser einschenken?“ (das ist eine Frage aus der Alltagskommunikation, wenn ich mit jemandem während des Essens kommuniziere). Jemandem „reinen Wein einschenken“ ist eine Redewendung, die bedeutet, dass man ihm die Wahrheit sagt.

Wenn ich nicht Menschen Wasser geben will, sondern Blumen, so spricht man von „gießen“.  „Ich gieße meine Balkonblumen regelmäßig.“.

Möchte ich Wasser von einem Gefäß in ein anderes füllen, so spricht man von „umfüllen“. Möchte ich in ein Glas, in dem schon etwas Wasser ist, noch mehr hineingeben bis das Glas voll ist, so sagt man „Ich fülle das Glas auf.“

Geht etwas schief und ich treffe das Glas der Person nicht, dann „verschütte“ ich Wasser (hoffentlich nicht auf die Person). Mache ich es absichtlich, dass ich Wasser von einem Gefäß in einen anderen Raum, auf den Boden etwa oder aus dem Fenster gieße, so spricht man von „ausleeren“. Und wenn ich besonders durstig bin, „leere ich das Glas in einem Zug“. Alle diese Verben haben trennbare Präfixe.

Wenn ich das Wasser nicht sehe und damit auch nichts tue, sondern es akustisch wahrnehme, so kann Wasser „rauschen“ und „tosen“. „Das Wasser rauscht“ bedeutet, dass es gleichmäßig fließt und dabei auch gleichmäßig deutlich zu hören ist. „Tosen“ ist ein stärkeres Wort. Während eines Unwetters auf dem Meer „tost“ das Wasser; es bewegt sich unkoordiniert und stark um mich herum. Wenn es besonders wild zugeht, kann Wasser sogar „schäumen“, wenn die Wellen die Gischt (der weiße Schaum darauf) vor sich tragen.

Und wenn wir schon am Meer sind: das Meer hat auf Deutsch zwei Begriffe: das Meer und die See. Der weibliche Artikel „die“ macht in diesem Fall den Unterschied zu „der See“ aus, was ein abgeschlossenes Gewässer meint (im Englischen mit „lake“ zu übersetzen).

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe gerade richtig Lust darauf, mir ein Glas Wein einzuschenken und das Wasser rauschen zu hören, während ich auf die See und ihren unendlichen Horizont schaue....


Eva Mühlbacher

Geschichte-Doktorandin und Jungautorin

Eva hat am Sprachenzentrum Italienisch gelernt und während eines Italienaufenthaltes angefangen, ein Buch zu schreiben. Ihre große Leidenschaft gilt - neben dem Schreiben - dem Mixen von Bahama Mama-Cocktails.

 

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Kleines Lexikon

fließen

floss, geflossen

natürliche Bewegung des Wassers

strömen

strömte, geströmt

starkes Fließen; anderes Wort dafür: fluten (noch mehr Wasser!)

schwappen

schwappte, geschwappt

Ankommen am Strand; gleichmäßige Bewegung

branden

brandete, gebrandet

Ankommen am Ufer/an Klippen; darauf stoßen

quellen

quoll, gequollen

Bezeichnung für die Bewegung aus einem Ursprung; auch: Blut oder Gedanken können hervorquellen

versiegen

versiegte, versiegt

Eine Quelle ist trocken

schütten

schüttete, geschüttet

mit den Präfixen „ausschütten“ oder „verschütten“; unabsichtliches Verlieren von Wasser aus einem Glas

kochen

kochte, gekocht

bei 90 Grad auf dem Herd

füllen

füllte, gefüllt

„einfüllen“, „auffüllen“, „abfüllen“ (für eine Flüssigkeit in einer größeren Einheit in eine kleinere Einheit füllen; ich will z.B. verreisen und fülle das Shampoo aus der 250ml- Flasche in eine 100ml-Flasche)

ausleeren

leerte aus, ausgeleert

bewusstes Verlieren von Wasser aus einem Glas

gießen

goss, gegossen

Blumen gießen; auch eine Art von „ausschütten“

einschenken

schenkte, geschenkt

jemandem etwas ins Glas geben

rauschen

rauschte, gerauscht

akustisch, gleichmäßig

tosen

toste, getost

akustisch, ungleichmäßig, wild